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LZ: Genießen mit allen Sinnen
Edelbrände genießen mit allen Sinnen: Gewinner der Lindauer Zeitung erleben einen geistreichen Abend bei Edelbrenner Robert Gierer. BODOLZ – Es ist ein beinahe feierlicher Moment: Gerhard Strodel, Bernhard Wittig, Dorothea Böttger, Daniel Weiß, Karl Schober, Karl Heinz Kikisch, Wolfram Wiedenmann, Rupert Reuter, Siegfried Neugart und Christian Greiner stehen vor dem großen Eichentisch, auf dem für jeden von ihnen zehn schöne Gläser in schlanker Birnenform vorbereitet sind. Also 100 Gläser, deren hochprozentiger und ausgewählter Inhalt klar oder bernsteinfarben schimmert. Die zehn haben eine Genuss-Degustation in der Edelbrennerei von Robert Gierer gewonnen. Es ist das dritte Mal, dass der gelernte Obstbaumeister und Destillateur Gewinner der Lindauer Zeitung bei sich begrüßt. Prinzipiell kann zwar „jeder Kunde, der bei uns auf den Hof fährt, jeden Tag alles probieren“. Aber eine so ausführliche Verkostung sei eine Besonderheit, die sich auch Unternehmen gern für ihre Mitarbeiter gönnen. Robert Gierer führt den Familienbetrieb gemeinsam mit seiner Frau Kerstin in vierter Generation, und er hat die Kunst des Obstveredelns perfektioniert. 24 verschiedene Edelbrände und Geiste hat er in seinem Sortiment, dazu diverse Liköre und Balsam-Essig, den er mit einem befreundeten Essigspezialisten kreiert. Die Gewinner brennen darauf, das erste geistreiche Wässerchen zu probieren. Aber der Destillateur will erst wissen, bei welcher Temperatur die feinen Brände denn getrunken werden sollen. Bernhard Wittig schätzt auf Zimmertemperatur – womit er sehr gut liegt. Im Kühlschrak jedenfalls verliere der Edelbrand sein Aroma, so Gierer. Nur schlechte Schnäpse stelle man in den Kühlschrank, weil beim kalten Schnaps das nicht vorhandene Aroma nicht auffalle. Im Restaurant tue man deshalb gut daran, einen kalt servierten Edelbrand zurückgehen zu lassen, impft er seine gespannten Zuhörer. Dann wird noch über die Glasform gesprochen – denn die sei ebenso wichtig, wie die Temperatur. Die Birnenform bündle die Aromen optimal. So komme die perfekte Mischung in Nase und Gaumen an.
Die Genuss-Degustation beginnt mit einem Williams. Das zarte Aroma der Williamsbirne einzufangen, sei die Herausforderung für den Brenner. „Die Frucht muss so reif sein, dass Oma gerne mit ihren Dritten hineinbeißt“, beschreibt Gierer. Überhaupt sei die Qualität und die Reife der Früchte ausschlaggebender Faktor für das Ergebnis. Dann gelte es, die „stürmische Gärung“ zu vermeiden, damit der Brand schön klar bleibe. „Ein klarer Brand ist wie eine Frau, die ungeschminkt schön ist“, schwärmt Gierer und betont, dass man sich für einen guten Edelbrand auch beim Trinken viel Zeit nehmen muss. Sein Publikum schnüffelt, schmeckt, schmatzt, fühlt das Aroma der Fruchtnote am Gaumen. Auch der Aprikosenbrand ist fein und zierlich, schleicht sich weich über den Gaumen. Robert Gierer lehrt die Eleven seiner geistreichen Genüsse das Visualisieren: „Genießen heißt, mit allen Sinnen wahrnehmen. Sie müssen sich die Frucht vorstellen. Ihr saftiges Fleisch, ihre samtige Haut.“ Die Verkoster sind begeistert. Auch vom Sauerkirschbrand, bei dem erstmals die Harmonie zwischen Frucht und Stein zur Geltung kommt. Der Stein der Sauerkirsche sorgt nämlich für das feine Marzipanaroma. „Wie der sich am Gaumen breit macht“, lobt Karl Schober, schon ganz Fachmann. „So bewusst habe ich noch nie einen Brand getrunken“, wundert sich sagt Karl Heinz Kikisch. Alle stellen fest, dass Nase und Gaumen für den Genuss wichtig sind. Der Geist aus Waldhimbeere beispielsweise duftet fruchtig und süß. „Da erwarte ich jetzt eigentlich etwas Süßes“, sagt Dorothea Böttger. Ebenso ergeht es ihr beim Haselnuss-Geist, den Gierer als „Nutella für Erwachsene“ bezeichnet, weil er so noisettig duftet, und der am Gaumen weiches Schokoaroma verbreitet. Im nächsten Glas leuchtet der Elvados sanft golden. Er ist eine Spezialität aus dem Hause Gierer, verwandt mit dem Calvados, aber ausschließlich aus der Apfelsorte Elstar gebrannt. Nachdem vier Edelbrände, vier Geiste und zwei Liköre probiert und die Wangen der Gäste gerötet sind, fragt Gierer nach den Favoriten seiner gut gelaunten Gäste. Waldhimbeere, Schlehe, Sauerkirsche, Haselnuss und Elvados liegen ganz vorn. Ein eindrucksvoller Abend „Am meisten hat mich überrascht, dass die Nase so stark beteiligt ist, dass die Brände so weich und intensiv schmecken“, lobt Ruppert Reuter. Christian Greiner freut sich: „Ich bin froh, dass ich gewonnen habe und diesen beeindruckenden Abend erleben durfte. Ich werde edle Brände in Zukunft viel bewusster und mit viel Respekt genießen.“