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Bei Edelbrenner Gierer trinkt man mit der Nase LZ-Leser lernen, wie man Obstbrände richtig verkostet Lindauer Zeitung 11.03.2016

Bodolz / andy
Jürgen Volkwein hält das Glas dicht vor die Nase und saugt den Geruch tief ein. Der Inhalt duftet intensiv nach Aprikose. Er schwenkt das Glas und riecht nochmal daran. Erst dann nimmt er einen kleinen Schluck. Genauso hat es Edelbrenner Robert Gierer zuvor erklärt: „Verkosten erfolgt zu 70 Prozent durch die Nase. Riechen Sie mehrmals daran und stellen Sie sich die Frucht vor, bevor Sie trinken.“
 
Zehn Leser, die bei einer Verlosung der Lindauer Zeitung gewonnen haben, sind nach Bodolz gekommen, um Robert Gierers Edelbrände zu verkosten. Die Familie brennt auf dem Hof in der vierten Generation Schnaps. Gierer wollte nicht nur Äpfel, Birnen oder Zwetschgen verarbeiten, sondern erweiterte das Angebot. So stehen unter anderem ein Quitten-Brand und ein Weinbergpfirsich-Likör in seinen Regalen. Er verwendet nur die besten Früchte. Seine Produkte haben es in zahlreiche Sterne-Restaurants geschafft. Auch die First Class Lounge der Lufthansa in München beliefert er. Und so haben die Leser zu Beginn des Abends hohe Erwartungen.
 
Das richtige Glas ist bei einer Verkostung entscheidend
Als sie sich an einen langen Holztisch setzen, stehen vor jedem Teilnehmer je zehn Gläser mit breitem Bauch und schmaler Öffnung. Darin entfalte sich das Aroma am besten, sagt Gierer. „Das Wichtigste bei einer Verkostung ist außer einem guten Brand das richtige Glas“, so der Brenner. Er erklärt seinen Gästen weiter, dass sie einen Edelbrand bei Zimmertemperatur genießen sollen. Bei gekühlten Schnäpsen komme der Geschmack nicht richtig heraus. Dann dürfen die Gäste zum ersten Glas greifen. Es enthält Williams Birne. „Stellen Sie sich vor, Sie würden in eine saftige Birne beißen“, empfiehlt Gierer. Werner Frank ist begeistert: „Ich bin eigentlich kein Fan der Williams Birne, aber der hat wirklich klasse geschmeckt.“ Es folgen Aprikose, Sauerkirsche, Schlehe und Himbeere. Besonders stolz ist Gierer auf seinen Elvados. Das ist ein Obstbrand aus Elstar-Äpfeln, der in einem Eichenfass gereift ist. Der Name setzt sich aus Elstar und Calvados (Apfelbranntwein) zusammen.
 
Zwischendurch erklärt Gierer, dass man bei Schnäpsen zwischen einem Brand und einem Geist unterscheiden muss. Beim Brand vergären die Früchte, und es entsteht Alkohol, der anschließend destilliert wird. Doch manche Früchte haben dafür zu wenig Fruchtzucker. Waldhimbeeren, Wacholderbeeren oder Haselnüsse legt Gierer deshalb in Alkohol ein, damit der die Aromen annimmt und destilliert werden kann. In diesen Fällen spricht man von einem Geist.
 
Spritzige Liköre , bei denen die Frucht im Vordergrund steht
Der Höhepunkt der Verkostung ist für viele der Inhalt des sechsten Glases. „Boah“ und „super“ tönt es durch den Raum. Einige Gäste lachen ungläubig und schütteln den Kopf. Schon bevor das Glas in die Nähe ihrer Nasen gelangt ist, schlägt ihnen ein intensiver Nuss-Geruch entgegen. „Das riecht wie Nutella“, ruft Gabi Vögele. Sandra Eilbrecht schwärmt: „Das ist wie eine Explosion in meiner Nase. Ich könnte stundenlang daran riechen.“
 
Zum Abschluss gibt es noch einen Aprikosen- und einen Kaffee-Likör. Gierer sagt: „Oft sind Liköre pappig und süß. Meine haben eine gewisse Spritzigkeit, und die Frucht soll im Vordergrund stehen.“
 
Gierer fordert seine Gäste immer wieder auf, intensiv an den Gläsern zu riechen. Er sagt: „Ich will, dass die Nase viel mehr in die Verkostung reingebracht wird.“ Abende bei ihm wurden schon als Nasenschule bezeichnet, erzählt er lachend. Außerdem sei es wichtig, einen Edelbrand nicht schnell nach dem Essen runterzuschütten. „Man muss sich Zeit nehmen und ihn genießen.“
 
Nach zwei Stunden sind die Gäste begeistert. Werner Frank lobt die angenehme und entspannte Atmosphäre. Sarah Eilbrecht sagt: „Mit der Nase zu trinken, hat mich völlig fasziniert.“ Sie will in Zukunft viel bewusster genießen.